Jerusalem
Gott baute aus seinem Rückgrat: Palästina
Aus einem einzigen Knochen: Jerusalem.
Ich wandele wie durch Mausoleen
Versteint ist unsere Heilige Stadt.
Es ruhen Steine in den Betten ihrer toten Seen
Statt Wasserseiden, die da spielten: kommen und vergehen.
Es starren Gründe hart den Wanderer an
Und er versinkt in ihre starren Nächte.
Ich habe Angst, die ich nicht überwältigen kann.
Wenn du doch kämest.
Im lichten Alpenmantel eingehüllt
Und meines Tages Dämmerstunde nähmest
Mein Arm umrahmte dich, ein hilfreich Heiligenbild.
Wie einst, wenn ich im Dunkel meines Herzens litt
Da deine Augen beide: blaue Wolken.
Sie nahmen mich aus meinem Trübsinn mit.
Wenn du doch kämest
In das Land der Ahnen
Du würdest wie ein Kindlein mich ermahnen:
Jerusalem – erfahre Auferstehen!
Es grüßen uns
Des »Einzigen Gotts« lebendige Fahnen,
Grünende Hände, die des Lebens Odem säen.
Else Lasker-Schüler