Im Spiegel der Zeit

Im Spiegel der Zeit, so lautet der Titel der vorliegenden Arbeit. Als Kompositionsgrundlage diente dazu ein Spiegel aus der Zeit von 1910. Auf ihn wurden gitterartige Pappreste, die einst Spielkarten gehalten hatten, angebracht. Sie gliedern verschiedene Aspekte des Lebens, den der Spiegel der Zeit zeigt. Zwischen dieser Gitterstruktur sind auf dem Spiegel der Zeit verschiedene Alltagsgegenstände aus dem Privatleben einer vergangenen Generation angebracht.

Ein ausrangiertes Gebetbuch vom 1. Juli 1948 sowie das Bildnis der Salus Populi Romani, dessen Original sich in Rom in Santa Maria Maggiore befindet und dort heute noch von den Römern als ihre bedeutendste Marienikone verehrt wird, deuten auf den Stellenwert des christlichen Glaubens der vergangenen Generation hin. Passend dazu soll das Erinnerungsbildchen einer Verstorbenen, das die Betenden Hände von Dürer zeigt, den Betrachter, der die Verstorbene nicht gekannt hat, auf die Vergänglichkeit des Lebens hinweisen. Solche Bildchen werden teils heute noch in abgewandelter Form bei Beerdigungen an die Trauergemeinde verteilt. Das weiße umhäkelte Spitzentaschentuch sowie ein Fläschchen 4711 gehörten früher in die Handtasche der modernen Frau. Beide Gegenstände symbolisieren vergangene Statussymbole und zeigen auf, wie vergänglich der Modegeschmack der jeweiligen Zeitepoche ist.

Rechts und links auf dem Spiegel sieht man das Profil einer Frau. Es ist die Zeichnung eines unbekannten Künstlers von 1850, die von mir übermalt wurde. Die Profile schauen sich an und symbolisieren einen generationsübergreifenden zeitlosen Dialog. Dieser Dialog wird vom Blick des Betrachters, der sich im Spiegel der Komposition selbst wiederfindet, aufgegriffen. Er schaut quasi auf seine Zeit, seine Herkunft, seine Gegenwart und seine Vergänglichkeit. In diesem Sinne findet ein Upcycling der nicht mehr gebrauchten Gegenstände hin zu einem selbstreflektierten Wertebewußtsein statt. Die Arbeit möchte zu einem Diskurs über den Wandel unserer Werte im Spiegel der Zeit anregen.